
Das süsse Vergnügen für jeden Geschmack
Bei Likören denkt man zumeist an das pure, süsse Vergnügen. Doch bietet die verführerische Melange aus Kräutern oder Früchten, Alkohol und Zucker eine grosse geschmackliche Vielfalt passend für jeden Gaumen. Einblicke in die Geschichte, die Produktion und die Vielfalt rund um die Liköre.
Die Welt der Liköre (französisch «Liqueur», zu Deutsch «Flüssigkeit») ist gross und doch oft übersehen. Denn rund ein Dutzend verschiedener Stile laden ein zum vielfältigen Genuss. Allen voran sind es die Fruchtliköre, gefolgt von den Kräuter- und Gewürzlikören, Bitterlikören und vielen mehr. Ihre Basis bildet dabei immer ein mit vielerlei Zutaten angereicherter Alkohol, der mit einer guten Portion süssem Zucker seine Abrundung findet. Und ob nun daheim zur Aromatisierung süsser Speisen genutzt, in der eigenen Hausbar zum Digestif angerührt oder aber in der favorisierten Bar zur Abrundung eines guten Mixed Drinks genutzt – Liköre finden sich überall dort, wo sie zur Verfeinerung der Sinne dienen. Einige Likörmarken haben sich überdies als echte Klassiker an der Bar erwiesen, z.B. im Kaffee, aber auch in besonderen Drinks – darunter im berühmten Eggnog oder Flip, Pousse Café oder auch im Brandy Alexander.
Die Geschichte der Liköre beginnt im Mittelalter in Europa. Zunächst wurden sie von den Mönchen in den Klöstern mit ihren Kräutergärten als Heilmittel entwickelt – durch die Mazeration von Heilpflanzen in Wasser, deren Destillation und die finale Abrundung der bitteren Essenzen mit einem süssen Honig. Italien, aber auch Frankreich entwickelten sich im 16. Jahrhundert zu Likörspezialisten, allen voran, als die italienische Adlige Katharina von Medici den französischen König Heinrich II. heiratete und die Expertise um die Liköre in das Land brachte. Nur wenig später gesellte sich auch die Niederlande hinzu. Lange Zeit blieben die Liköre aufgrund der nötigen Expertise in der Herstellung eine Domäne der Klöster und Apotheken. Zum anderen blieben sie als teure Genussmittel zunächst vor allem den wohlhabenden Schichten wie dem Adel vorbehalten.
Erst durch die Kolonialisierung Amerikas und den Import von Rohrzucker feierten die Liköre ihren Durchbruch. Später beförderte auch der preiswerte, heimische Rübenzucker die weitere Verbreitung in der Bevölkerung – hergestellt u.a. durch die berühmten «Liquoristen» in Frankreich. Zudem sorgten im 19. Jahrhundert neue Zutaten, darunter exotische Früchte und Gewürze, aber auch die Verbesserung der Destillation für eine höhere geschmackliche Qualität der Liköre. Bereits im 20. Jahrhundert standen so eine Vielzahl an berühmten Likörmarken aus vielen Ländern Europas zum Genuss bereit. In den 1970er feierten die Liköre im Mixed Drink ihre Renaissance. Heute gelten die Liköre aufgrund ihrer vielfältigen Verwendungsmöglichkeiten und ihrer Verkaufskraft schlicht als ein Bestseller unter den alkoholhaltigen Genussmitteln.
Die süsse und kunstvolle Komposition der Liköre
Die Produktion eines Likörs – laut Definition eine «aromatische Spirituose» – erfolgt im Allgemeinen immer gleich. So werden die Zutaten, ob nun Früchte, Kräuter oder Gewürze durch einen Kaltauszug («Mazeration»), Warmauszug («Digestion») oder eine Filterung («Perkolation») in Alkohol extrahiert, wobei jede Zutat individuell zu behandeln ist. Die gewonnenen Essenzen, aber auch die Rohstoffe selbst werden für eine bessere Reinheit und Aromatik anschliessend teils mehrfach destilliert. Generell erlaubt ist die Zugabe von natürlichen oder naturidentischen Aromastoffen – vor allem einfache Liköre werden auf dieser Grundlage produziert. Zudem können und werden zumeist natürliche oder künstliche Farbstoffe zur Färbung eingesetzt (z.B. Zuckerkulör). Schliesslich wird Branntwein mit mindestens 96% Alkoholvolumen hinzugefügt und der Likör auf Trinkstärke abgefüllt. Manch ein Likör erfährt auch eine Fassreifung.
Fast jeder Likörstil ist in der Herstellung durch Eigenheiten geprägt. Unter den Fruchtlikören gibt es den «Fruchtsaftlikör» aus frischem Saft oder Konzentrat (z.B. Erdbeere), den «Fruchtaromalikör» aus durch Mazeration, Digestion oder Perkolation gewonnenen Extrakten (z.B. «Triple Sec») sowie den «Fruchtbrandy», welcher nebst Neutralalkohol auch echten Obstbrand der namensgebenden Frucht enthält (z.B. «Apricot Brandy»). «Kräuter- und Gewürzliköre» werden häufig aus teils vielen Dutzend Zutaten komponiert. «Bitterliköre» werden z.B. um Chinarinde, Bitterorange oder Enzian ergänzt, damit der «bittere Geschmack» vorherrscht. Für «Destillatliköre» werden hochwertige Spirituosen wie Wodka, Obstbrand, Cognac oder Whisky mit viel Expertise veredelt (u.a. Cognac mit Orange oder Mandarine). Wird z.B. Sahne oder Ei eingesetzt, entsteht daraus ein «Emulsionslikör» – darunter der Sahne- oder Eierlikör («Advocaat»), aber auch der Nuss-/Mandel-, Kaffee- und Kakaolikör.
Das wichtigste aber für eine guten Likör ist seine Abrundung mit Zucker für die Süsse. Nach EU-Recht müssen Liköre einen Mindestgehalt von 100g «Invertzucker» pro Liter aufweisen. Auch anderer Zucker darf verwendet werden, jedoch muss der Süssegrad dem von mindestens 100 Gramm Invertzucker pro Liter entsprechen bzw. 80% der Süsskraft von Rohrzucker. So kann z.B. auch Honig oder Karamell Verwendung finden. Eine Ausnahme bildet der «Enzianlikör», welcher mindestens 80 Gramm pro Liter aufweisen muss. Doch es geht auch anders. So müssen die sogenannten «Crèmes» bzw. «Crème-Liköre», häufig aus Fruchtsaftlikören und vielfach für Mixed Drinks eingesetzt, einen Zuckergehalt von mindestens 250 Gramm pro Liter aufweisen, der «Crème de Cassis» aus Frankreich sogar mindestens 400 Gramm pro Liter. Abgefüllt werden Liköre mit mindestens 15% Alkoholvolumen (Eierlikör mit 14%).
Heimisch, exotisch, voller Kräuter oder cremig
Häufig bieten die Hersteller oder Marken eine grosse Vielfalt an Likören in verschiedenen Grundrichtungen an (z.B. jene von Isola Verde). Manch ein Hersteller kreiert auch besondere Liköre von ganz eigener Finesse und mit einem einzigartigen Geschmacksprofil (z.B. Marito Verde). Liköre werde aber auch immer wieder mit exotischen Ländern assoziiert und entführen in karibische Gefilde (z.B. Karibso, Tucano), andere wiederum erinnern an die eigene Heimat (z.B. Willisauer Ringli). Sie eignen sowohl zum Apéritiv (z.B. Kamikaze) als auch für den «Shot» (z.B. Willi Saurer Apfel, Süsser Apfel). Besondere Destillatliköre vermögen z.B. mit Cognac und Orange im Digestif zu begeistern (z.B. Grand Napoleon Likör à l'Orange). Und wer es etwas cremiger mag, entscheidet sich für einen Eierlikör (z.B. Colomb) oder einen Cream Likör, der mit Whisky und Sahne verfeinert an die sagenumwobenen, schottischen Highlands erinnert (z.B. Highlander). So steht für jeden Gaumen und Anlass der passende Likör zur Verfügung!


